Gonsenheimer Künstler
Maler Becker (1846 - 1877)
Joseph Ferdinand Becker bekannt als "Maler Becker" erblickte am 2. Juli 1846 im Wirtshaus zum "Goldenen Stern", das seinem Vater David Becker IV. gehörte, das Licht der Welt. Schon als Knirps bewies er seine große Begabung und malte mit vier Jahren bereits mit Kreide eine Jagdszene an die Wand des Wirtszimmers. Ein bedeutender Gast, Liebhaber der Malerei, der damals im "Goldenen Stern" abstieg, soll beim Anblick des Bildes gesagt haben: "Entweder der Kleine wird Maler oder es geht ein großes Genie verloren"! Der Vater hielt die Malerei für eine brotlose Kunst und schickte seinen Sohn aufs Feld und in seinen Steinbruch. Aber Joseph Ferdinand war nicht unterzukriegen: nachts griff er zu Pinsel und Palette und malte oft bis zum Morgengrauen. Schließlich lernte Joseph Ferdinand den Maler Lasinsky kennen, der im Jahr 1857 die neu erbaute Finther Kirche ausgemalte. Dieser überzeugte auch den Vater Becker vom schlummernden Talent des Wirtssohnes und rang ihm die Zustimmung zur Ausbildung des Sohnes als Maler ab. Der große Kirchenmaler Lasinsky, der zu dem Kreis der sogenannten "Nazarener" um Veit und Overbeck gehörte, wurde nun für die nächsten Jahre (1865 bis 1868) der Lehrer von Joseph Ferdinand Becker, der bald schon neben seinem Meister auf dem Malgerüst stand und ihm bei der Restaurierung der St. Ignazkirche und bei der Ausmalung der Seitenwände des Hauptschiffes im Mainzer Dom half. Bereits nach drei Jahren erkannte Lasinsky, daß er seinem Schüler, der ihn nach eigenen Worten bereits übertraf, nichts mehr beibringen konnte. Als uneigennütziger Förderer des jungen Talents brachte er ihn nach Frankfurt zu dem berühmten Professor Eduard von Steinle. Hier in Frankfurt, am Städelchen Kunstinstitut, erwarb sich Becker in kurzer Zeit den Ruf, einer der besten deutschen Maler seiner Zeit zu sein. Von den Fürsten von Löwenstein erhielt er den Auftrag, die Schloßkapelle in Kleinheubach am Main auszumalen (1870 und 1871) und 1872 schuf er das Bild für den Herz-Jesu-Altar in der Mainzer St. Peterskirche. Auftrag um Auftrag ging nun bei dem Künstler ein, der Bilder und Aquarelle schuf, die heute in den ersten Galerien Deutschlands hängen. Wie sehr man seine Arbeit damals anerkannte, beweisen die hohen Summen, die für seine Werke bezahlt wurden. Sein Aquarell "Der Jude im Dorn" (nach einem Märchen von Grimm) erwarben beispielsweise die königlichen Sammlungen in Dresden im Jahr 1873 für 4.500,- Mark. Von dem prunkliebenden bayerischen König Ludwig II. wurde er 1877 für die Ausmalung seiner Schlösser gewonnen. Im April jenes Jahres siedelte er nach München über. Kaum drei Monate hatte er hier gewohnt, als er vom Typhus befallen wurde. Acht Tage kämpfte er um Leben und Tod, bis er am 21. August starb.
Drei Tage später wurde seine Leiche nach Gonsenheim gebracht, wo sie auf dem damals "alten Friedhof" (heute Pfarrer-Grimm-Anlage), beigesetzt wurde. Ganze 31 Jahre war Joseph Ferdinand Becker alt geworden. Hätte er, den man einen der begabtesten Künstler seiner Zeit nannte, sein Lebenswerk vollenden können, so würde man ihn heute sicherlich in einem Atemzug mit einem Moritz von Schwind, einem Ludwig Richter und einem Caspar David Friedrich nennen. Das letzte größere Werk von Maler Becker, den Aquarell-Zyklus von fünf Bildern "Die Rolandsknappen" kaufte die Stadt Mainz im Jahr 1876 für ihre Galerie. Der Inhalt des dargestellten Märchens: Die 3 Knappen von Roland, der in Diensten von Kaiser Karl dem Großen steht, verirren sich nach einer Schlacht und erhalten schließlich von einer Drude 3 Geschenke: Einen Heckpfennig, bei dessen Berührung sich Geld vermehrt; ein Tellertuch, das alle gewünschten Speisen herbeizaubert und einen Däumling, der unsichtbar macht. Doch man mißgönnt sich diese Gaben und nimmt sie sich gegenseitig weg; eine böse Königin ist dabei natürlich auch im Spiel. So ist man schließlich wieder arm ... und der Maler Becker gibt uns damit auch heute noch eine Weisheit mit auf den Weg, nämlich: "Wie gewonnen so zerronnen".